3. Workshop zur 3. Kinderrechte-Fachtagung
der Stadt Leipzig
Nachdem
bei einer der obigen Veranstaltungen auch Berit Lahm von der Leipziger
Stadtverwaltung anwesend war, kam es zu der Einladung im November 2002
einen Workshop zu übernehmen. Teilgenommen haben 14 Mädchen
und 2 Jungen im Alter von 14 bis 16 Jahren aus 5 städtischen Gymnasien
(Rudolf Hildebrand, Immanuel Kant, Johannes Kepler, Ostwald und Max
Klinger), darunter 3 Schülersprecherinnen. Impulsiert durch Dia-Referate
widmeten sich die Teilnehmer in 4 Vierer-Arbeitsgruppen mit selbstgewählter
Moderatorin, Protokollantin und A3-Papier sowie anschliessender Pinnwandpräsentation
den Gefahren der Globalisierung. Am Samstag standen dann die Chancen
auf der Tagesordnung. Nachmittags begannen
Diskussion und Vorbereitung für die öffentliche Präsentation
des Workshopthemas, so wurden z.B. Flaggen verschiedener Nationalitäten
gemalt und Rollen verteilt. Sonntags führten
zwei Sprecher mit improvisiertem Text durch das Bühnenstück,
ein Junge (J) und ein Mädchen (M). Zu jeder Flagge, im Halbkreis
stehend, gehörte eine hellgekleidete und zunächst passive
Darstellerin und eine schwarzgekleidete, welche zunächst versuchte
einer anderen Nation (Flagge) ein Ei aus deren nationalen Korb zu stehlen.
1.
Szene.
J: "Nationen!"
M: "Männer!"
J: "Nationalismus!!"
M: "Helden?!"
J: "Alles Menschliche, alles Weiche"
M: "verborgen hinter Kalkschalen"
J: "wie beim Hühnerei"
M: "Grenzen - aus Angst vor dem Zerbrechen".
2. Szene.
J: "Manche Nationen stehlen"
M: "anderen Nationen deren Rohstoffe"
J: "Jeder will seine Eigenständigkeit, seine Grenzen behalten!"
M: "Der Preise: Isolation, Hunger und Krieg".
3. Szene.
M: "Flagge zeigen! Keiner will von seinem Standpunkt weichen."
J: "Ich hab' Recht! Ich bin der Stärkste! Mein ist das Ei,
mein ist die Welt!"
M: "Man kann die Schale nicht essen?!"
J: "Was soll ich tun? Die harte Schale schützt den weichen
Kern."
M: "Wer mit der Härte lebt, muss an der Härte verhungern!"
J (Vertreter der USA): "Gut ich zerbreche eine Schale - damit auch
andere etwas zu essen
haben."
Die als Schatten des Nationalismus Schwarzgekleideten treten zurück,
halten nun stumm die Flaggen, während die hell- und buntgekleideten
Schüler hervortreten und jeweils ein Ei in eine grosse Bratpfanne
schlagen, welche bislang unter der UNO-Flagge in der Bühnenmitte
verborgen war. Ein solcher Abschluss, wo die globale Problematik und
ihre grundsätzliche Lösbarkeit von den Schülern ins bewegte
Theater-Bild gebracht wird, ist eine geglückte Entspannung zu der
denkerischen Vorarbeit des Workshops.
4. Projektwoche (5 Tage) für die Oberstufe
Wünschenswert für die zeit-gemäße
Bearbeitung der Globalisierungs-Thematik ist eine Projekt-Woche, an
der auch die Lehrer zur Thematik passende und aufeinander abgestimmte
Kurse
anbieten. Folgende Grundstruktur hat sich im Laufe der Jahre bewährt:
07:45 - 08:15 Uhr Aufwärmphase, Körperübungen aus den
Kulturen der Welt
(ab 2. Tag) z.B. Tai Chi, Yoga, Gymnastik, Volkstanz oder Zazen
08:30 - 10:00 Uhr Tages-Vortrag des Gastreferenten mit Dias oder einigen
Videoausschnitten
10:20 - 11:00 Uhr Gesprächsgruppen zum Tagesvortrag und der Tagesfragestellung
11:15 - 13:00 Uhr Themazentrierte Arbeitsgruppen mit Präsentation
am letzten Tag
Nachmittage zur freien Verfügung bzw.
zur AG-Vertiefung oder Vorbereitung auf eine Aktion zum Thema Globalisierung
und Menschenrechte oder zum Thema Ausländerfeindlichkeit und
Weltbürgertum in der Fußgängerzone oder auf dem Rathausmarktplatz
(Strassentheater, Plakate und Transparente malen, Strassenmusik, Strasseninterviews
vorbereiten etc.). Es wäre sinnvoll, wenn entweder die existierende
Schülerzeitung oder eine spezielle AG eine Projektwochen-Zeitung
produziert, welche auch als Dokumentation für Öffentlichkeit
und Elternschaft dienen könnte.
Weitere, ausführlichere Informationen sind bei der Adresse des
Projektträgers am Ende des Beitrages erhältlich. Es können
auch kleinere Projektwochen für einzelne Klassen oder
Klassenkombinationen (z.B. 9./10. oder 11./12. Klasse) gestaltet werden.
Eine alternative Projektwoche wäre die Simulation von UN-Sicherheitsrat
und UN-Generalversammlung, wie es seit einigen Jahren vom Gymnasium
Meiendorf in Hamburg praktiziert wird.
5. Projektepoche (3 - 4 Wochen), eventuell
mit Exkursion
Eine andere Möglichkeit sind themenzentrierte
Unterrichtsepochen z.B. in der 1. und 2. oder in der 3. und 4. oder
in der 5. und 6. Stunde, wobei sich die Kombination 10. Klasse in der
3. und 4. Stunde und 11. Klasse in der 5. und 6. Stunde bewährt
hat. Themen können sein: Menschenrechtsepoche und Staatsordnungen
von der Antike zur Neuzeit (UNO); Aktuelle Weltpolitik und Geschichte
des 20. Jahrhunderts; eine entsprechende Literaturepoche etc.
Zum Abschluss einer solchen Epoche sollten Projektarbeiten der einzelnen
Schüler der Schulgemeinschaft vorgestellt werden und eine ein-
bis dreitägige Exkursion, je nach
geographischer Lage der Schule, zum UN-Seegerichtshof nach Hamburg,
zum Internationalen Gerichtshof nach Den Haag (NL), zum Europäischen
Gerichtshof für Menschenrechte oder zum Europaparlament nach Strassbourg,
zum Landhausmuseum des 1961 ermordeten UN-Generalsekretärs Dag
Hammarskjöld nach Ystad (Schweden), zur UNESCO nach Paris,
zur UNO nach Genf oder Wien durchgeführt werden.
Klassenfahrten - Schule unterwegs
Es wäre auch denkbar eine circa 8-tägige
Klassenfahrt an einen dieser Orte zu legen und den passenden Weltbürgerkunde-
und Geschichtsunterricht in die örtliche Jugendherberge zu
verlegen.
Abschlussbemerkung
In dem Wort Weltbürger steckt auch das
Wort Bürge. Die nachfolgende Generation übernimmt bestenfalls
nicht nur eine Staatsbürgerschaft, sondern auch, ob bewusst oder
unbewusst,
eine Bürgschaft für den Weiterbestand von Menschheit-lichkeit
und Biosphäre Erde (Umwelt-bürgertum). Eine entsprechende
weltoffene, weltbürgerliche und welt(mit)verantwortliche Erziehung
ist etwas, was nicht nur Pionieren wie den Internationalen Schulen,
der Ecole d' Humanite (Internats-Schule der Menschheit) im Schweizerischen
Hasliberg-Goldern (www.ecole.ch), den One World Colleges, dem Europahaus
Burgenland in Eisenstadt (A),
dem evangelischen Kurszentrum www.haus-nordhelle.de, dem New Humanity
Centre im griechischen Kalamata, dem Novalis-Institut im südafrikanischen
Kapstadt (www.novalis.org.za) oder der indischen Weltbürgerschule
in Lucknow (www.cmseducation.org ) alleine überlassen
werden sollte.
Mittlerweilen scheint es ja fast schon Mode zu werden, dass manche Schulen
sich mit dem Titel UNESCO- oder UNICEF-Schule schmücken. Man kann
nur hoffen, dass sich die Direktoren
und Kollegien dessen bewusst sind, dass dieser Schritt deutlich mehr
kosmopolitisches Engagement verlangt als nur den Wechsel des Briefpapieres
und einen jährlichen Gedenktag.
Stephan Mögle-Stadel ist Journalist, Buchautor und Oberstufenlehrer
für Deutsch und Geschichte. Nach seinem Zivildienst im Rahmen eines
UN-Praktikums in New York und WashingtonDC studierte er Pädagogik,
Psychologie und Geschichte und ist heute als Seminarleiter undWeiterbildungsreferent
tätig. Zuletzt erschienen von ihm die Bücher >Dag Hammarskjöld
- Vision einer Menschheitsethik< und das Kofi-Annan-Lesebuch >UNvollendeter
Weg< (Februar 2003). Für Ende 2003 ist das Erscheinen des nächsten
Buches unter dem (Arbeits-) Titel >Psycho-Historie der Globalisierungskrise<
geplant. Er ist ehrenamtlich Vorstandsmitglied der Weltbürgerstiftung
in Washington DC.